In der neuen Verhaltenstherapie:
"Verhaltenstherapie der dritten Generation“ (Hayes),
bedeutet Lernen:
Ein Hase muß aufhören zu fliehen, bevor er erkennen kann, dass er sicher ist.
Gefühle zu kontrollieren ist, wie einen Tennisball unter Wasser zu halten. Man kann das machen, aber man verliert das Gefühl für den Auftrieb.
Die Fähigkeit, sich neue Erfahrungen des Erlebens zugänglich zu machen und diese auch zugänglich zu gestalten. Flexibel zu sein, sich in einem bestimmten inneren und zwischenmenschlichen Rahmen anzunehmen und dadurch neue Möglichkeiten des Kontextes zu eröffnen. Auf schöpferische Art hoffnungslos zu sein, um nicht nur einfach mehr vom Erhofften, aber Funktionsuntüchtigen zu tun, sondern sich zu erlauben, tatsächlich neu und risikobereit zu handeln. Jede Regel, selbst die sachliche oder ursächlich abgeleitete, als willkürliche einzuordnen, die nur dann Sinn macht, wenn sie in einen bestimmten Rahmen gestellt und in persönlicher Verantwortung übernommen wird. Ein Problem nicht mehr lösen zu wollen, sondern das Problem selbst als Lösung anzunehmen. Ziele so zu beschreiben, dass sie schon bei ihrer Benennung erlebbar werden. |
Daraus leiten sich folgende Orientierungen und therapeutische Haltungen ab:
Veränderungswürdig sind nicht die Probleme, sondern deren Bewältigungsversuche. Fehler sind nicht zu vermeiden, sondern unabdingbare Voraussetzung von Lernen. Fehler vermeiden zu müssen, heißt, Symptome zu produzieren. Das Symptom ist das Gegenteil des Fehlers. Das Symptom ist der vermiedene Fehler, der, um vermieden zu werden, zwanghaft wiederholt werden muss. Jede Vermeidung hat immer neu mit dem zu tun, was sie vermeiden will. Lernen heißt nicht Vermeiden, noch Konfrontieren, auch nicht Abwägen oder Verbessern, sondern: Offen zu sein für Neues: Experimentieren, Ausprobieren, Kreativsein, Flexibel sein. Es gibt kein falsches oder richtiges Verhalten, weil jedes Verhalten in einem bestimmten Rahmen richtig oder falsch ist. Das Dogma von falschem oder richtigem Verhalten beruht darauf, dass der Kontext ignoriert oder aber auf einen begrenzten verkürzt wird. Es geht nicht darum sich gut zu fühlen, sondern darum, sich gut zu fühlen. Es ist gesund, gute Gefühle ebenso wie schlechte Gefühle zu fühlen. Jedes Gefühl ist Bedingung und Resultat eines Lernvorgangs. Es ist eine sinnvolle Lösungsmöglichkeit, die in einer bestimmten Situation immer das optimale Ergebnis sicherstellt. Negative Gedanken wie Gedanken überhaupt lassen sich nicht bekämpfen oder infrage stellen. Sie sind nicht einmal verstehbar oder begründbar. Gedanken sind Metaphern, keine Tatsachen. Gedanken, negative wie positive, lassen sich nur zur Kenntnis nehmen, beschreiben und verändern. Gedanken sind nicht nur Abbildungen, sondern Schöpfungen von einer Realität, die immer konstruiert ist. Daher sind Gedanken nur dann nützlich und hilfreich, wenn sie den Lernprozess sicherstellen. Lernen heißt Wahlmöglichkeiten schaffen. Wahlmöglichkeiten beinhalten nicht nur die Entscheidung zwischen diesem oder jenem, sondern vor allem die Fähigkeit, wählen zu können, d.h. flexibel oder – was die Kehrseite der gleichen Medaille ist – akzeptierend zu sein. So, wie es kein kontextfernes Dogma von Richtig oder Falsch gibt, gibt es keine Ursache eines Problems. Jedes Problem entsteht in einem bestimmten Kontext und hält sich in einem bestimmten Kontext aufrecht. In diesem Kontext ist es sogar sinnvoll, dass das Problem besteht. Es wäre problematisch, wenn es nicht bestände. Es hat keine Ursache, sondern ist die Wirkung zirkulärer Prozesse in diesem Kontext. Es gibt kein Erstes oder Letztes, weil lebendige Systeme immer schon in Interaktion stehen – sonst könnten sie nicht leben. Das Konzept von Ursache macht nur Sinn, wenn man von toten Dingen redet. |