Das Fallen ist ein sekundärer Prozess und als solcher kein Problem, solange sich der Organismus wieder auf den primären Prozess des Laufens besinnt. Geschieht dies, so ist alles in Ordnung. Der primäre gelungene Ablauf gewinnt Vorrang, während der Fehler verschwindet. Wenn aber aus irgendwelchen Gründen das Selbst sich in den „Fehler“ verstrickt, so verliert es den Blick für den Gang der Entwicklung. Der Fehler nimmt als beherrschendes Bild des Gelingens den Platz des primären Entwicklungsablaufs ein. Es entsteht ein Symptom.

Ein Symptom unterscheidet sich dadurch vom Fehler, dass es die wohlmeinende, (bewusst oder unbewusst) bewertende Reaktion auf den Fehler ist. Ein Symptom entsteht immer dann, wenn ein Fehler nicht sein darf, er ausgemerzt werden soll. Ein Symptom hat daher zwangsläufig die Focussierung auf den Fehler zur Folge. Das Symptom ist der Fehler oder der Irrtum, der den Fehler korrigieren soll. Mit dem Symptom wird der Fehler des Fallens zum unhintergehbaren Sündenfall. Das Symptom ist die durch Wiederholung verhärtete Form der Fehlervermeidung, die manchmal auch in der Gestalt der Fehlerwiedergutmachung auftritt.

Fehler sind daher unausweichlich, ja sogar notwendig, wohingegen Symptome (Fehler korrigierende Fehler) vermeidbar sind. Eine Erkrankung kann, ja soll vorkommen (Immunisierung), eine ernste Krankheit muss nicht sein.

Mit den Symptomen wird die konstruktive Einheit von Fehler und Gelingen unterbrochen. Durch das Symptom wird der Fehler zum Dauerzustand.

Fehler sind daher die zwangsläufige Voraussetzung des Gelingens, Symptome dagegen die geschaffenen Fixierungen auf das Versagen. Fehler sind auf Lösungen orientiert, Symptome auf Probleme. Fehler handeln davon, wie es noch gehen kann, Symptome, wie es nicht geht und nie und nicht gehen darf.

Daher halten sich Symptome selbst aufrecht, sie haben ihre eigene Zwangsläufigkeit, weswegen sie – einmal geschaffen – sinnvollerweise unbewusster Natur sind. Nur dann können sie ihrem einmalig gegebenen Auftrag nach vollständiger und d.h. beständiger Fehlervermeidung zureichend nachkommen. Indem der Focus immer darauf geht, was nicht sein darf und nicht sein soll, wird genau das Nicht-Gewollte und Nicht-Gesollte fortgesetzt.

Die Focussierung auf das Problem, die gerade dadurch verstärkt und aufrechterhalten wird, dass wir das Problem beseitigen wollen, findet sich inzwischen auch neurophysiologisch und hirnkybernetisch bestätigt: Da die für die unbewussten Körperprozesse zuständigen Gehirnteile (Stamm- und Mittelhirn, limbisches System) als analoge Systeme die Negation nicht verstehen können, wird jeder Befehl, etwas nicht zu tun, präzise als sein Gegenteil umgesetzt.

Daraus leiten sich für die am Unbewussten orientierte Lösungsarbeit einfache Richtlinien ab:

Richte die Hauptaufmerksamkeit auf ein Bild des Gelingens.

Lenke den Blick in den Möglichkeitsbereich der Zukunft

Varriiere den psychosomatischen Ausdruck so viel wie möglich.

Verstehe das Symptom als eine hilfreiche Ressource (ein gelungener Fehler = eine weitere Variation des Gelingens).

Denke nicht in Ausschliessungen, sondern in Möglichkeiten.

(nach Stephen Gilligan, Hypnose und Kognition, 5/1, S.25ff., 1988, MEG; verändert von mir F.M.)



Frank Mutterlose
Psychologischer Psychotherapeut
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